Die Serie „fighting myself while no one else is watching“ entstand im Rahmen einer Gruppenausstellung in der Galerie KUB in Leipzig und positioniert sich innerhalb des Rahmenthemas „Die Schönheit des Unvollkommenen“. Bereits zu Beginn der Konzeptionsphase entschied ich mich, entgegen meiner üblichen prozesshaften Findung, die Praxis des 3D-Clayprintings in den Mittelpunkt zu stellen. Die Wahl von Ton war hierbei entscheidend: Ein Material, das seit Jahrtausenden in Kunst und Handwerk verankert ist und doch in der digitalen Übertragung eine neue Dimension der Fragilität und Unberechenbarkeit entfaltet (Rice, 2015). Ton widersetzt sich dem Ideal der Perfektion, das digitale Werkzeuge scheinbar versprechen. Während PLA-Druck durch Glätte und Reproduzierbarkeit geprägt ist, bringt Clayprinting Risse,
Absackungen und Brüche hervor. Diese „Fehler“ wurden in meiner Serie nicht verdeckt, sondern betont, als sichtbare Spuren eines Prozesses, der sich zwischen digitaler Kontrolle und materieller Eigenwilligkeit entfaltet. In Anlehnung an das Konzept des Wabi-Sabi verweist die Arbeit damit auf eine Ästhetik, die das Fragile, Fragmentarische und Prozesshafte affirmiert (Juniper, 2003). Schönheit wird hier nicht durch Makellosigkeit definiert, sondern durch die Präsenz des Unvollkommenen. Dieser ästhetische Ansatz tritt bewusst in Gegensatz zu den Normierungen der globalen Schönheitsindustrie. Elise Hu (2023) zeigt in „Flawless“, wie eine Ideologie der Makellosigkeit heute durch digitale Filter, chirurgische Eingriffe und algorithmische Standards global verankert ist. Vor allem weiblich gelesene Körper werden in ein System eingebunden, das jede Abweichung als Defizit wertet und dadurch die Möglichkeit des Unvollkommenen negiert. In diesem Kontext wird das Sichtbarmachen von Brüchen und Rissen zu einem Akt der Gegenästhetik, einem Beharren darauf, dass Schönheit gerade in der Abweichung und in der Spur des Prozesses liegt. Die beispielhafte Dokumentation der Serie fungiert als Stellvertreter dreier bereits realisierter keramischer Objekte. Diese basieren auf 3D Scans meines eigenen Gesichts, das jeweils mit Beauty-Accessoires kombiniert wurde. In der dreifachen Ausführung nehmen die Werke explizit Bezug auf das Symbol der „Three Wise Monkeys“ und imitieren deren ikonische Geste des „see no evil, hear no evil, speak no evil“ (Ono, 2012). Damit wird das Spannungsfeld von Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit thematisiert: Während die Schönheitsindustrie Imperfektion zum Verschwinden bringt, verweigert sich meine Arbeit diesem Mechanismus, indem sie das Brüchige offenlegt. Die geplante Erweiterung der Serie durch weitere 3D-Keramiken verfolgt dasselbe Ziel: die Absurdität von Schönheitsidealen sichtbar zu machen, die niemals erfüllt werden können. Indem Körper in symbolische Formen übertragen und mit den Spuren des Materials versehen werden, werden die Unmöglichkeit und Widersprüchlichkeit dieser Normen plastisch. So versteht sich „fighting myself while no one else is watching“ als ästhetisches Plädoyer für die Schönheit des Unvollkommenen. Die Serie zeigt, dass Imperfektion nicht als Makel, sondern als Ressource gelesen werden kann: als Widerstand gegen die glatte Oberfläche der Normierung, als Sichtbarmachung individueller Verletzlichkeit und als Bruch mit dem Schweigen, das die Schönheitsindustrie um ihre zerstörerischen Effekte legt.